Am Prophylaxeprogramm mit PZR festhalten
Am Prophylaxeprogramm mit PZR festhalten
Derzeitiger Wissensstand in der Zahnmedizin
Am Prophylaxeprogramm mit PZR festhalten
Der Ergebnisbericht des IGeL-Monitors diskutiert die Frage des Nutzens der Professionellen Zahnreinigung (PZR) im Vergleich zu keiner Intervention, aber einmal jährlicher Untersuchung bei Erwachsenen mit maximal einer Gingivitis. Bei Patienten mit Parodontitis ist der positive Effekt der regelmäßig durchgeführten Reinigung im Sinne einer Unterstützenden Parodontitistherapie eindeutig nachgewiesen. Weniger eindeutig scheint der Nutzen bei Patienten ohne parodontalen Knochenverlust. Da in Deutschland ein Großteil der Erwachsenen an einer Parodontitis erkrankt ist, entsprechend der Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS IV) sind das 75 Prozent, ist von dieser Diskussion nur ein kleinerer Teil der Bevölkerung betroffen.
Aufgrund kaum vorhandener Langzeitdaten und des sehr unterschiedlichen Vorgehens ist eine Aussage über den langfristigen Nutzen einer Professionellen Zahnreinigung nur schwer möglich.
Langfristige Beobachtungen von Patienten, die regelmäßig prophylaktische Maßnahmen erhalten, zeigen stabile kariologische und parodontologische Ergebnisse. Jedoch weisen diese Studien keine Kontrollgruppen auf, sodass eine Aussage zu dem tatsächlichen Nutzen der prophylaktischen Zahnreinigung nicht möglich ist.
Zudem ist fraglich, welchen Nutzen die Zahnreinigung hat und welchen die Mundhygieneinstruktion, die in der Regel im Zusammenhang mit dem Prophylaxetermin erfolgt oder ob eine Kombination erforderlich ist.
Positiver Einfluss. Hugoson konnte bei 20- bis 27-jährigen Patienten mit Gingivitis bzw. behandelter Parodontitis beobachten, dass eine Professionelle Zahnreinigung insbesondere in Kombination mit zusätzlichen Mundhygieneinstruktionen im Vergleich zu keinen prophylaktischen Maßnahmen einen positiven Einfluss auf parodontale Surrogatparameter, wie einer Reduktion von Plaque, Zahnfleischblutung/Entzündung und Taschensondierungstiefen sowie einen stabilen Attachmentlevel hat. Die zusätzliche Zahnreinigung hatte hierbei keinen signifikanten Einfluss auf das Ergebnis. Um tatsächlich eine parodontal präventive Wirkung beobachten zu können, ist bei diesen jungen Probanden ein Beobachtungszeitraum von drei Jahren verhältnismäßig kurz.
Supragingivale Plaque. Auch wenn keine ausreichenden Daten zu dem Parodontitis präventiven Nutzen der Zahnreinigung vorliegen, ist der Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von supragingivaler Plaque und der Entstehung einer Gingivitis jedoch seit langem belegt. Ebenso ist eindeutig, dass die Gingivitis ein Vorläufer der Parodontitis ist. Weiterhin konnten Schätzle et al. in einer Langzeitstudie über 26 Jahre nachweisen, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Zahnes sinkt, je höher der Gingivaindex ist.
Kaum eine Person ist in der Lage, ihre Zähne täglich vollständig zu reinigen. Die Professionelle Zahnreinigung übernimmt daher die wichtige Aufgabe einer konsequenten Reinigung. Die schnelle Neubildung eines Biofilms ist dabei kein Argument gegen diese Maßnahme, da im Sinne der ökologischen Betrachtungsweise ein wesentlich längerer Effekt besteht als dies die kurzen Neubesiedelungszeiten gereinigter Zahnoberflächen vermuten lassen.
Keine klinischen Daten. Theoretisch scheint der Nutzen der präventiven Zahnreinigung aufgrund dieser Fakten logisch. Es fehlen jedoch die klinischen Daten, um dies zu bestätigen oder auch zu widerlegen. Die im IGeL-Monitor herangeführten klinisch kontrollierten Studien sind zu diesem Zweck ungeeignet.
Verhaltensänderung. Die Teilnahme an einer solchen Studie führt zu einer Verhaltensänderung der Probanden, die wiederum das Ergebnis beeinflussen (Hawthorne-Effekt). Gerade bei einer präventiven Maßnahme, die unter anderem zum Ziel hat, Imperfektionen des häuslichenProphylaxeverhaltens zu kompensieren, lässt daher das Fehlen eines signifikanten Unterschiedes nicht den Schluss zu, dass die gewählte Intervention unnütz sei. Diese Schlussfolgerung wird auch von keinem der wissenschaftlichen Autoren gezogen.
So gesehen ist auch die Argumentation hinfällig, die zum Ausschluss der Axelsson-Studie geführt
hat, da nicht die (in der Evidenzpyramide als höher eingestufte) klinisch-kontrollierte Studie, sondern die Abbildung der Versorgungsrealität das geeignete Instrument zur Beantwortung der gestellten Frage nach dem Nutzen der Professionellen Zahnreinigung wäre. Nach derzeitigem Wissensstand sollte daher an einem individuell angepassten
Prophylaxeprogramm mit Professioneller Zahnreinigung festgehalten werden.
Dr. Sonja Sälzer, Dr. Christian Graetz, Prof. Dr. Christof Dörfer, Klinik für Zahnerhaltungskunde
und Parodontologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
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